
Erbenhaftung – was Erben wissen müssen
Wer erbt, erhofft sich einen Vermögenszuwachs durch Vermögenswerte des Erblassers wie Geld, Grundstücke und Schmuck. Vielen Erben ist nicht bewusst, dass sie auch Verbindlichkeiten erben. Schulden zählen ebenso zum Nachlass wie Vermögenswerte.
Kein Erbe möchte durch die Erbschaft sein eigenes Vermögen schmälern. Es gibt Möglichkeiten, die Haftung für Verbindlichkeiten des Erblassers zu vermeiden und zu begrenzen.
Was bedeutet Erbenhaftung?
Rechtlich wird der Erbe Universalnachfolger des Erblassers. Er tritt in alle Rechten und Pflichten ein. Gemäß § 1967 BGB gehen vorhandene Verbindlichkeiten des Erblassers auf den Erben über. Dabei beschränkt sich die Haftung für die Schulden nicht nur auf den Wert des Erbes.
Bei einem überschuldeten Nachlass steht der Erbe grundsätzlich mit seinem eigenen Vermögen für die Verbindlichkeiten ein. Kein wünschenswertes Ergebnis im Zusammenhang mit einer Erbschaft. Erben können dieser Haftung vollständig oder teilweise entgehen.
Erbenhaftung und Erbausschlagung – ganz oder gar nicht
Grundsätzlich gilt im Erbrecht ein einfaches Prinzip: Wer nicht aktiv wird, erbt.
Was heißt das? Erben, die nicht innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis vom Erbfall das Erbe ausschlagen, treten die Erbschaft an. Damit haften sie. Es gibt keine Möglichkeit, sich für einen Zwischenzustand zu entscheiden.
Eine bedingte Annahme oder bedingte Ausschlagung des Erbes sieht der Gesetzgeber nicht vor. Sechs Wochen sind keine lange Zeit. In manchen Erbfällen ist schnell erkennbar, dass der Nachlass überschuldet ist.
Dann ist die Erbausschlagung die beste Möglichkeit, einer Haftung zu entgehen und nicht für Schulden des Erblassers einstehen zu müssen. Sie sollten keinen Erbschein beantragen, bevor Sie sich gegen eine Ausschlagung des Erbes entschieden haben. Man kann das Erbe durch schlüssiges Verhalten annehmen. Der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins wird als Annahme des Erbes verstanden.
Beantragen Sie vor Ablauf der Sechs-Wochen-Frist den Erbschein, können Sie danach normalerweise das Erbe nicht mehr ausschlagen.
Begrenzung der Erbenhaftung
Manchmal versäumen Erben die Frist zur Ausschlagung. In anderen Fällen möchten Sie trotz vorhandener Verbindlichkeiten das Erbe antreten. Auch ist es nicht immer möglich, innerhalb von sechs Wochen alle Informationen über die Erbmasse zu erlangen. Jetzt können Sie nach Verstreichen der Ausschlagungsfrist die Haftung auf verschiedene Art und Weise begrenzen:
– Nachlassverwaltung
Setzen Erben einen Nachlassverwalter ein, sorgt dieser zunächst für die Befriedigung
der Nachlassgläubiger aus dem Erbe. Sollte danach noch Nachlassvermögen bestehen, findet eine Erbauseinandersetzung zugunsten der Erben statt.
– Nachlassinsolvenz
Erben können nach Annahme eines überschuldeten Nachlasses beim Nachlassgericht eine Nachlassinsolvenz beantragen. Wie in einem Privatinsolvenzverfahren verhandelt man hier mit den Nachlassgläubigern, um eine weitgehende Tilgung der Verbindlichkeiten aus dem Erbe zu erreichen.
– Dürftigkeits- oder Überschuldungseinrede
Sie haben als Erbe auch die Möglichkeit, nach § 1990 BGB die sogenannte Dürftigkeitseinrede zu erheben. Diese Alternative bietet sich dann an, wenn eine Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz nicht möglich ist.
Das ist der Fall, wenn bereits die Kosten für diese Verfahren aus der Erbmasse nicht gedeckt werden können. Im Rahmen der Dürftigkeitseinrede wird die Befriedigung eines Nachlassgläubigers auf die Erbmasse begrenzt.
Der Erbe muss in diesem Fall das gesamte Erbe in der Zwangsvollstreckung an den Gläubiger herausgeben. Problematisch ist die Überschuldungseinrede, weil sie gegenüber jedem einzelnen Gläubiger in einem jeweils eigenen Prozess geltend gemacht werden muss.
Die Dürftigkeitseinrede verhindert zwar, dass auf das Vermögen des Erben zugegriffen wird. Jedoch ist die Erhebung dieser Einrede gegenüber mehreren Gläubigern schwierig bis unmöglich. Im Vergleich mit der Nachlassverwaltung oder der Nachlassinsolvenz ist die Erhebung der Überschuldungseinrede die weitaus schwächere Alternative, um die eigene Haftung zu vermeiden.
– Weitere Einreden
Die Dreimonatseinrede, die Aufgebotseinrede und die Verschweigungseinrede ermöglichen einen zeitlichen Aufschub der Haftung für Nachlassverbindlichkeiten. Es geht hier nicht um andauernde Begrenzungen der Haftung.
Weitere Aspekte von Erbenhaftung und Erbverbindlichkeiten
Es können durch den Erbfall weitere Verbindlichkeiten entstehen, die ebenfalls zu den Nachlassverbindlichkeiten und zur Erbenhaftung zählen. Kündigt etwa der Erbe nicht rechtzeitig einen noch bestehenden Mietvertrag des Erblassers, mehren sich die Zahlungsbeträge aus dem Vertrag über den Tod hinaus.
Die Erbenhaftung bezieht sich unter bestimmten Umständen auf Ansprüche von sozialen Trägern wie Rentenversicherern oder das Jobcenter. Auch diese Ansprüche auf Rückzahlung von Leistungen können in die Haftung von Erben einfließen.
Sie sind gesetzlich auf den Wert des Erbes selbst beschränkt. Außerdem lässt der Gesetzgeber die Ansprüche der Sozialleistungsträger entfallen, wenn die Erbmasse einen bestimmten Wert nicht überschreitet und der Erbe den Erblasser bis zu seinem Tod gepflegt hat. Ebenso kann eine besondere Härte für den Erben einen Ersatzanspruch dieser Träger aufheben.
Der Haftungsanspruch gegen die Erben verjährt innerhalb von drei Jahren. Ausnahmen gelten für Schmerzensgeldansprüche, für vom Gericht titulierte Ansprüche und solche aus einem Insolvenzverfahren. Hier gilt eine 30-jährige Verjährungsfrist.
Wer erbt, muss die Erbenhaftung im Blick haben. Bei Überschuldung des Nachlasses ist die Erbausschlagung die einfachste Alternative. Mit ihr schließen Erben eine Haftung mit dem eigenen Vermögen für Nachlassverbindlichkeiten zuverlässig und vollständig aus.
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