Faksimile – Große Betrugsmasche und mehr   RA Björn W. Kasper Mai 23, 2022

Faksimile – Große Betrugsmasche und mehr  

Faksimile – große Betrugsmasche per Haustürgeschäft
Ein neuer Betrug wird neuerdings als Haustürgeschäft abgewickelt: Vertreter verkaufen vor allem älteren Personen vermeintlich wertvolle Bücher und Faksimile als vorgebliche Wertanlage zu einem Wucherpreis.


Wie die Verbraucherzentrale Niedersachsen mitteilte, belief sich der Schaden im Frühjahr 2022 schon auf fast 100.000 Euro. Gegen den an der Haustür entstandenen Kaufvertrag ist aber eine Anfechtung möglich. Es gilt das übliche 14-tägige Widerrufsrecht. Ohne ausgehändigte Widerrufsbelehrung verlängert sich die Frist sogar auf ein Jahr.

Wie läuft der Betrug mit Faksimile und Co.?

Seit einigen Jahren klingeln dubiose Vertreter an Haustüren, die behaupten, ehemals für Bertelsmann tätig gewesen zu sein und den Kunden unter anderem Bibeln, „wertvolle“ Bücher und Faksimile anbieten zu können.


Letztere sind originalgetreue Nachbildungen historischer Dokumente. Bevorzugt klingeln sie bei ehemaligen Kunden des Bertelsmann-Buchclubs, deren Adressen sie wahrscheinlich erworben haben.
Diese Kunden besitzen vielfach eine Buchsammlung von Bertelsmann, bevorzugt eine aufwendig gestaltete Bertelsmann Lexikothek.

Der Betrug beginnt im vorliegenden Fall damit, dass den Kunden vorgegaukelt wird, ihre Lexikothek könne im Wert enorm steigen, wenn die Besitzer zusätzlich ein teures Faksimile erwerben würden, was dann zur Lexikothek gehört, die Echtheit ihrer Aussagen belegt und ohnehin ein wertvolles Schriftstück sei.


Das klingt für manche Inhaber der Bertelsmann Lexikothek durchaus verlockend, sodass es Kaufinteressenten gab. Da die Vertreter einen Wucherpreis verlangen, können manche Kunden den Kaufpreis nicht auf einmal begleichen.


In solchen Fällen werden ihnen Kredite für den Kauf angeboten. Als Betrug bezeichnet die Verbraucherzentrale Niedersachsen den Vorgang, weil die Bücher und Faksimile keinesfalls den verlangten Wucherpreis wert sind.


Auch die Tatsache, dass die Vertreter mit dem Kaufvertrag in der Tasche verschwinden, aber anschließend unter anderem für eine Anfechtung nicht mehr erreichbar sind, verweist auf einen Betrug.

Warum dieser Betrug mit der Bertelsmann Lexikothek?

Der Bertelsmann-Buchclub hatte bis in die 1990er Jahre weltweit über 25 Millionen Mitglieder, das Angebot war durchaus begehrt. Mitte 2014 stellte das Unternehmen allerdings den Direktvertrieb ein, weil unter den neuen Bedingungen des Internetzeitalters gerade Bestseller wie die große Lexikothek kaum noch verkäuflich waren.


Die Menschen informieren sich heutzutage online und bezahlen nicht mehr rund 600 bis 800 Euro für ein großes Nachschlagewerk. Nur als Anmerkung: Fast neuwertige Ausgaben dieser Lexikothek werden immer noch auf eBay zu Preisen zwischen rund 450 und 550 Euro angeboten.


Bertelsmann gab schließlich seinen Buchclub auf, schloss bis zum 31.03.2014 alle stationären Filialen und stellte am 23.12.2015 auch den Onlinevertrieb ein.


Eine Nachfolgeorganisation namens „immediaone“ übernahm die Kundendaten, betreut seither Bestandskunden und entwickelt auch inhaltliche Angebote weiter, verkauft aber ausdrücklich laut eigener Aussage (siehe Punkt 3.) keine Produkte mehr an der Haustür.


Daher ist die Behauptung der Vertreter, dass sie für Bertelsmann arbeiten, ein schlichter Betrug. Wo diese Vertreter die Kundenadressen gekauft haben, konnten die Verbraucherschützer aus Niedersachsen bislang nicht ermitteln.

Kaufvertrag an der Haustür: Wie funktioniert die Anfechtung?

Zunächst einmal: Haustürgeschäfte sind grundsätzlich legal. Zum Betrug werden sie im geschilderten Fall nur dadurch, dass die Vertreter behaupten, im Auftrag von Bertelsmann unterwegs zu sein.
Das stimmt ausdrücklich nicht wie hinreichend belegt.

Jedoch bietet diese Behauptung nur eine sehr schwache Basis für die Anfechtung des beschriebenen Haustürgeschäfts. Im Streitfall würde der Vertreter vor Gericht abstreiten, sich auf Bertelsmann berufen zu haben.


Dennoch ist für jeden Kaufvertrag, der an der Haustür (oder auf dem Parkplatz, bei einer Kaffeefahrt etc.) abgeschlossen wird, eine unkomplizierte Kündigung möglich. Das war auch schon immer so, allerdings wurde die Rechtslage in den letzten Jahren zuungunsten der Verbraucher aufgeweicht, wie die Verbraucherzentrale Niedersachsen bedauert.


Sie geht daher immer wieder (wie auch andere Verbraucherschützer) gegen solche Geschäftspraktiken vor, denn es werden nicht nur Bücher oder Faksimile, sondern auch Strom- und Handyverträge sowie andere Produkte an der Haustür verkauft, oft zu einem Wucherpreis.


Die Verbraucherschützer wollten daher sogar Haustürgeschäfte ohne Einladung des Kunden generell verbieten lassen, scheiterten damit aber vor dem BGH. Der Gesetzgeber definiert Haustürgeschäfte nicht ausdrücklich.


Die Verbraucherzentrale Niedersachsen hatte 2017 gegen die lekker Energie GmbH geklagt: Sie hatte durch Vertreter an Haustür Energieverträge verkaufen lassen.
In der ersten Instanz bekam die Verbraucherzentrale sogar Recht, doch die lekker Energie GmbH ging in Revision und gewann den Prozess in der zweiten Instanz.

Dagegen beschwerte sich die Verbraucherzentrale beim BGH, der diese Beschwerde aber zurückwies.
Das bedeutet jedoch nicht, dass gegenüber dem entstandenen Kaufvertrag keine Anfechtung möglich ist. Grundsätzlich gilt nämlich bei jedem abgeschlossenen Kaufvertrag ein 14-tägiges Widerrufsrecht nach § 355 BGB, es sei denn, besondere Bedingungen schließen dieses Widerrufsrecht aus.


Diese Bedingungen formuliert der § 312g BGB, sie würden aber auf die in genannten Fall verkauften Bücher oder Faksimile nicht zutreffen. Ausschlüsse betreffen beispielsweise speziell für einen Kunden angefertigte Waren, leicht verderbliche Waren etc. pp. Der Widerruf muss schriftlich erfolgen, wozu heutzutage auch eine E-Mail genügt.


Diese neue Bedingung wurde allerdings für das sogenannte Haustürgeschäft erst 2014 eingeführt. Zuvor erlaubte der § 312 BGB eine Kündigung von an der Haustür (im Freizeitbereich, am Arbeitsplatz, auf Kaffeefahrten etc.) verkauften Produkten allein durch deren Rücksendung an den Verkäufer.


Ein gesondertes Kündigungsschreiben war hierfür nicht erforderlich. Als Haustürgeschäft wurde bis zu diesem Zeitpunkt pauschal jedes Geschäft bezeichnet, dass ein Unternehmen außerhalb seiner eigenen Geschäftsräume abschloss.


2014 strich der Gesetzgeber diese Begrifflichkeit des „Haustürgeschäfts“ aus dem Gesetzestext, weshalb nun ein solcher Kaufvertrag vom Verbraucher explizit schriftlich zu kündigen ist.
Wie bei jedem anderen Kaufvertrag gilt zusätzlich: Der Verbraucher muss eine schrifliche Widerrufsbelehrung erhalten. Wenn dies nicht geschieht bzw.

nicht belegbar ist (der Verbraucher muss den Erhalt der Widerrufsbelehrung schriftlich bestätigen), verlängert sich die Frist für die Anfechtung auf ein Jahr.

Fazit

Die Verbraucherschützer empfehlen, grundsätzlich nichts an der Haustür, auf Parkplätzen, bei Kaffeefahrten und ähnlichen Gelegenheiten zu kaufen, jedenfalls nicht ein Faksimile oder ähnliche Produkte zu einem Wucherpreis.


Es gibt sogar die Empfehlung, sich mit solchen Vertretern auf gar kein Gespräch einzulassen, weil diese sehr geschickt und gut geschult sind. Entscheiden Sie selbst aktiv, was Sie kaufen möchten. Informationen zu interessanten Produkten gibt es heutzutage genügend.

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